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Welche Auswirkungen hat eine Baustelle auf den Fahrplan?

Wer kennt es nicht: es gibt eine Baustelle, der Bus muss eine Umleitung fahren. Wie die Planung abläuft und welche Herausforderungen das mit sich bringt, ist im Artikel zu lesen.

Eine Strassenbaustelle verursacht nicht nur Einschränkungen für den Individualverkehr, sondern auch für den Busbetrieb. Bei der SZU ist die Abteilung Produkt für den Zimmerbergbus und somit für Umleitungen und Ersatzverkehre zuständig. Sowohl bei Kantons- als auch bei Gemeindestrassen wird das Team frühzeitig von den Behörden über anstehende Baustellenprojekte informiert. Bei grösseren Baustellen beginnt die Planung ein Jahr im Voraus, wobei jemand vom Team jeweils an den Projektsitzungen teilnimmt.

In einem ersten Schritt werden die Gegebenheiten vor Ort analysiert. Es wird entschieden, ob eine Umleitung nötig ist oder ob die Strecke via Lichtsignal einseitig befahren werden kann. Weiter muss beachtet werden, welche Buslinie betroffen ist, und ob es bei der betreffenden Linie Fahrzeitreserven gibt. Wichtig sind Knotenpunkte, bei welchen Anschlüsse gewährleistet werden müssen. Verkehrt eine Linie zwischen zwei Bahnhöfen, wie beispielsweise die Linie 140 zwischen Bahnhof Langnau und Bahnhof Thalwil, ist es oft schwierig, die Anschlüsse an die Bahn gewährleisten zu können, wenn Umleitungen gefahren werden müssen.

Zeitmessung für Umleitungen

Ist eine Umleitung nötig, wird mit dem Bus eine Testfahrt gemacht. Dabei wird die Zeit gemessen, um herauszufinden, wie viel Zeit der Bus für die neue Route braucht. Anschliessend wird geprüft, ob sich die Umleitung in den bestehenden Fahrplan einbauen lässt. In den meisten Fällen lässt sich eine Umleitung von maximal zwei Minuten in den Fahrplan integrieren. Das heisst, der Fahrplan muss nicht angepasst werden. Bei grösseren Baustellen, bei denen die Umleitungen mehr als zwei Minuten betragen oder Haltestellen nicht bedient werden können, muss der kommunizierte Fahrplan angepasst werden.

Eine Fahrplananpassung löst unter Umständen eine Reihe von Massnahmen aus. Funktionieren trotz der verspäteten Abfahrten die Anschlüsse an der Endhaltestelle, sind Umleitungen kein Problem und es reicht, die neuen Fahrzeiten in den Onlinefahrplan einzuspeisen und die Fahrplanaushänge anzupassen. Muss der Bus jedoch früher losfahren, um die Anschlüsse an der Endhaltestelle gewährleisten zu können, braucht es eine aktive Kundeninformation. Schliesslich müssen die Kund:innen wissen, wenn sie am Morgen fünf Minuten früher aus dem Haus müssen, um ihren Bus zu erwischen. In diesem Fall werden die Fahrgäste über verschiedene Kanäle informiert: Plakate, Online-Hinweise, Bildschirme an den Haltestellen und in den Fahrzeugen, Durchsagen in den Bussen oder auch Informationen in Gemeindeblättern. Zudem müssen die Abfahrtsplakate an allen betroffenen Haltestellen ausgetauscht werden. Bei grösseren Umstellungen sind am ersten Tag des neuen, temporären Fahrplans ausserdem Kundenlenker:innen im Einsatz. Aufgrund des vermehrten Homeoffice stehen diese Personen neu auch am zweiten Tag bereit.

Herausforderungen bei Kleinbussen

Besonderes Augenmerk muss auf die Bedürfnisse der lokalen Fahrgäste gelegt werden. Während der Bauarbeiten auf der Neuen Dorfstrasse in Langnau wurde beispielsweise vor Kurzem ein Kleinbus eingesetzt. An den Spitzenzeiten reichte dessen Kapazität aber nicht mehr aus. Ein Grund dafür war unter anderem, dass sich im Einzugsgebiet ein Altersheim und ein Kindergarten befanden. Es waren also viele Fahrgäste mit Rollatoren oder Kinderwagen unterwegs, die entsprechend Stauraum beanspruchten, welcher in Kleinbussen nur begrenzt vorhanden ist. «Diese besonderen Bedürfnisse von Kundengruppen und Tagesspitzen werden wir in Zukunft besser planen» betont Simon Gemperli, Leiter Produkt bei der SZU.

Onlinefahrplan kann nicht sofort angepasst werden

Im öV gilt für Fahrplanänderungen normalerweise eine Vorlaufzeit von mindestens drei Wochen, womit gut geplant und frühzeitig informiert werden kann. Der Onlinefahrplan wird spätestens zwei Wochen im Voraus programmiert. Das bedeutet, dass kurzfristige Änderungen nicht berücksichtigt werden können.

Ist ein Bauprojekt früher als geplant beendet, kann dies dazu führen, dass die Umleitung wie geplant aufrecht erhalten wird, obwohl die betroffene Strecke bereits wieder geöffnet ist. Dies, weil zum Zeitpunkt, an dem der frühere Abschluss der Baustelle bekannt wird, die Kundeninformationen bereits veröffentlicht und der Onlinefahrplan programmiert ist und beides nicht so kurzfristig wieder angepasst werden kann. Aber auch kurzfristige Bauverzögerungen sind problematisch. Bei der Baustelle Schmiedstube in Wädenswil wurde die Baustelle vor Kurzem dreimal verlängert, was dazu führte, dass die korrekten Fahrzeiten nicht mehr im Onlinefahrplan abgebildet waren. Schwierig wird es zusätzlich bei Deckbelagsarbeiten, die witterungsabhängig sind. Diese kurzfristigen Anpassungen lassen sich heute leider nicht zeitnah abbilden und können zu Unverständnis und Verärgerung bei Kund:innen sorgen.

Ziel ist die Gewährleistung der Reisekette

Bei ungeplanten Baustellen wie dem kürzlich aufgetretenen Wasserrohrbruch in Wädenswil oder einem Unfall wird die Situation etwas komplizierter. Die betroffene Stelle muss sofort umfahren werden, ohne vorgängige Kundeninformation. In solchen Fällen ist die Flexibilität entscheidend: Es kann sein, dass eine Haltestelle ausgelassen werden muss oder eine alternative Route gewählt wird. Der beste Fall ist, wenn alle Haltestellen trotzdem angefahren werden können. «Wir möchten unseren Kund:innen so wenig Einschränkungen wie möglich zumuten und sicherstellen, dass Anschlüsse garantiert werden, ohne Verspätungen auf andere Linien zu übertragen» so Simon Gemperli. Das betrifft auch das Fahrpersonal, das über Änderungen bei Umleitungen, Haltestellen oder Abfahrtszeiten stets informiert werden muss. «Oberstes Ziel für uns ist es, die Reisekette für unsere Fahrgäste sicherzustellen», wie Simon Gemperli andeutet.  Denn schon kleine Anpassungen am Fahrplan können eine Reihe von Massnahmen auslösen. Umso wichtiger ist es, die Umleitungen sowie die Kundeninformation sorgfältig zu planen.

Simon Gemperli

Simon Gemperli Wie entsteht ein Fahrplan SZU

Simon Gemperli

Simon Gemperli leitet die Abteilung Produkt bei der SZU, welche für die Gestaltung des Fahrplans zuständig ist. Er hat Verkehrssystemen an der ZHAW studiert und dann den Master in Europäischen Bahnsystemen angehängt. Zuvor war er als Verkehrsplaner bei der Bus Ostschweiz tätig.

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