Wenn ein Instandhaltungsspezialist die Türen eines Zuges kontrolliert, ist dies der letzte Schritt eines langen Prozesses. Die Wartung und Instandhaltung der Fahrzeuge wird viel früher definiert und geplant. Bereits bei der Fahrzeugbestellung legt der Hersteller in Absprache mit der SZU die Wartungsintervalle für die einzelnen Komponenten fest. Die SZU arbeitet dabei nach dem europäischen System. In der Fachsprache wird dieser Prozess als «Entity in Charge of Maintenance», kurz ECM, beschrieben. Dieses Instandhaltungssystem gilt für den europäischen Eisenbahnverkehr und definiert die verschiedenen Rollen und Verantwortlichkeiten der Instandhaltung. An oberster Stelle steht die Funktion des Instandhaltungsmanagements, die bei uns die Leiterin Rollmaterial wahrnimmt. Sie trägt die Gesamtverantwortung für die Instandhaltung und ist im Eisenbahnregister als Verantwortliche für die Fahrzeuge eingetragen.
Konstante Weiterentwicklung der Vorgaben
Die nächste Stufe legt die Instandhaltungsvorgaben fest und entwickelt diese weiter. Das heisst, sie prüft in der Fahrzeugdokumentation die Instandhaltungsintervalle, wie sie vom Fahrzeughersteller und den Unterlieferanten definiert wurden. Diese basieren auf eisenbahntechnischen Regelwerken, Normen und Vorgaben. Darin finden sich genaue Angaben, nach welchen Leistungs- oder Zeitwerten eine Instandhaltung durchzuführen ist, z.B. nach wie vielen gefahrenen Kilometern oder nach wie vielen Tagen die Fahrzeuge in die Werkstatt müssen.
Marc Apoloni, Leiter Instandhaltungs- und Fuhrparkmanagement, erklärt: «Spannend bei der SZU ist, dass wir im Vergleich zu anderen Bahnen kürzere Strecken fahren, dafür aber viel öfter halten.» Deshalb sind bei der SZU häufigere Türkontrollen eingeplant, um Türstörungen vorzubeugen. Auch die Räder werden anders abgenutzt als bei Zügen, die auf langen Strecken unterwegs sind. Durch die vielen Kurven und Bremsungen in den Haltestellen und Bahnhöfen müssen die Räder häufiger reprofiliert werden. Genauso haben auch Baustellen oder neue Gleisanlagen einen Einfluss auf die Abnutzung der Komponenten. Das Team der Instandhaltungsentwicklung lässt die Betriebserfahrung einfliessen und entwickelt die Vorgaben je nach Bedarf oder Abnutzung weiter – immer unter Einhaltung des gesetzlichen Vorgaben.
Langfristige Planung
Die dritte Stufe des ECM plant zusammen mit dem Betrieb, wann welches Fahrzeug für die Instandhaltung benötigt wird, damit der Betrieb die geplanten Umläufe fahren kann. Anschliessend plant diese Funktion die Fahrzeuge gemäss Vorgaben für bestimmte Arbeiten oder Kontrollen ein, koordiniert mit der Verkehrsleitzentrale und der Reinigung, reserviert den Standplatz für das Fahrzeug in der Werkstatt und erfasst die Instandhaltungsaufträge. Daraus entsteht die Wochenplanung der Fahrzeuge.
Um die Sicherheit zu gewährleisten und die Betriebstüchtigkeit der Fahrzeuge zu gewährleisten, sind regelmässige Revisionen vorgesehen. Revisionen erfordern eine längere Ausserbetriebnahme eines Fahrzeugs benötigen eine intensive Vorbereitung. Teilweise finden Revisionsarbeiten ausserhalb des SZU-Depots statt. Dabei arbeiten verschiedene Bahnen zusammen und nutzen Synergien. So werden beispielsweise unsere Räder im SBB Radbearbeitungszentrum in Zürich reprofiliert. Für die Revision der Drehgestelle, die alle sechs Jahre stattfindet, werden die Drehgestelle im SZU-Depot ausgebaut und dem Lieferanten zugesandt.
Flexible Störungsbehebung
In der vierten Stufe des ECM sind die Instandhaltungsspezialisten am Werk. Sie führen die Instandhaltungsarbeiten gemäss Aufträgen an den Fahrzeugen durch, prüfen die Räder, messen das Profil aus, kontrollieren die Heizung oder die Drehgestelle, prüfen die Türen und Schliesskräfte und messen die Öffnungs- und Schliesszeiten. Vor dem Winter führen sie den Herbstcheck durch und bereiten auch den Schneepflug vor. Diese Arbeiten werden digital rapportiert und im System erfasst.
Was sich nicht im Voraus planen lässt: Vandalismus, Türstörungen oder Antriebsstörungen. Da Störungen bei über 30-jährigen Fahrzeugen trotz bester Wartung vorkommen, muss in solchen Fällen kurzfristig umdisponiert werden. Bei Störungen gelten klare Prioritäten: Eine Störung am Drehgestell ist sicherheitsrelevant und hat erste Priorität, während ein Komfortthema wie zum Beispiel eine defekte Klimaanlage wird mit zweiter Priorität erledigt. Diese spontanen Vorkommnisse müssen ausserhalb der geplanten Instandhaltung behoben werden, was eine flexible Instandhaltung erfordert.
Auf dem Weg zur modularen Instandhaltung
Früher waren Fahrzeuge und ihre Komponenten so konstruiert, dass diese nur mit grösserem Aufwand ausgetauscht werden konnten. Heute sind Fahrzeugkonzepte modular aufgebaut. Ausschlaggebend für die modulare Instandhaltung sind die technologische Entwicklung, immer komplexere Fahrzeuge und Komforteinrichtungen wie Klimaanlagen und Kundeninformationssysteme. «Die modulare Instandhaltungsstrategie der SZU will dieser Entwicklung gerecht werden, indem wir wegkommen von der zeitbasierten Wartung und auf eine zustandsabhängige Instandhaltung hinarbeiten», erklärt Marc Apoloni. Ziel ist, dass eine defekte Komponente zeitnah ausgetauscht wird und keine grosse Auswirkung auf die Instandhaltungsplanung entsteht. So kann eine vorausschauende Instandhaltung auch zukünftig eine hohe Verfügbarkeit der Fahrzeugflotte sicherstellen.
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