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Aufmerksamkeit & Achtsamkeit

Löst man im Bus, Tram oder Zug den Blick für einmal vom Handy, kommt man in den Genuss vieler kleiner Achtsamkeitsmomente. Eine Kolumne von Bloggerin Rita Angelone über Abkapselung, Aufmerksamkeit und Achtsamkeit im öffentlichen Verkehr.

Fahrten mit Bus, Tram oder Zug sind nicht immer angenehm, sondern können uns stressen und wortwörtlich in die Enge treiben. Wird unsere Mindestdistanzzone unterschritten, fühlen wir uns bedrängt und reagieren instinktiv mit Abgrenzung bis hin zu totaler Abkapselung: Wir zücken unser Handy, richten unseren Blick nach unten, setzen unsere Ohrstöpsel ein und verabschieden uns von der Aussenwelt.

Dieser Schutzmechanismus ist menschlich und entspricht dem legitimen Bedürfnis nach Achtsamkeit gegenüber der eigenen Person: Augen zu, einatmen, ausatmen und ganz in sich gekehrt zur Ruhe kommen. In Achtsamkeit üben kann man sich gerade im öffentlichen Verkehr aber auch anders. Und zwar indem wir unsere ganze Aufmerksamkeit für einmal bewusst nach Aussen richten und dabei auch gleich ein tieferes Verständnis für die Menschen und die Welt, die uns umgeben, entwickeln.

So lasse ich immer öfter mein Handy bewusst in meiner Tasche ruhen, richte meinen Blick nach vorn und beobachte einfach meine Umgebung und die Menschen, die ein Stück des Weges mit mir teilen. Dabei erlebe ich immer wieder spannende Episoden, die mich inspirieren, aufheitern oder einfach nur mein Herz erwärmen und mir gut tun – also wunderbare Momente der Achtsamkeit. Anderen Menschen und mir gegenüber.

Wie belebend wirkt es auf mich zum Beispiel, wenn ich während einer Busfahrt eine fröhliche und energiegeladene Schulklasse beobachten kann, die den Wagen stürmt. Die lauten Gespräche und das wilde Herumwuseln der Kinder vermögen jeweils auch die Aufmerksamkeit der Mitreisenden zu wecken und deren Blicke – sei es auch nur für die Dauer eines Wimpernschlags - vom Smartphone wegzulenken. Diese ausufernde kindliche Lebensfreude ist ansteckend und erfüllt mich mit Leichtigkeit und Energie.

Wie stimmt es mich optimistisch, wenn ich beobachten darf, dass älteren Menschen, die nicht so gut zu Fuss unterwegs sind, Freundlichkeit und Respekt entgegengebracht werden. Wenn ihnen Mitfahrende im Tram mit Geduld begegnen, beim Ein- und Aussteigen eine Hand bieten, einen Sitzplatz frei machen oder sich kurz mit ihnen auf einen Schwatz einlassen. Diese kleinen aufmerksamen Gesten vermitteln mir die Zuversicht, dass auch meine betagte Mutter auf Achtsamkeit zählen darf, wenn sie allein im öffentlichen Verkehr unterwegs ist.

Oder wie erfreut es mich zu beobachten, wenn im Zug aufmerksame Einheimische verloren wirkende Touristen erkennen und ihnen von sich aus Hilfe anbieten, ihnen den Weg erklären oder die richtige Haltestelle angeben. Solche zuvorkommenden Hilfsangebote sind gerade für Fremde in einem Land etwas vom Schönsten, was sie an Erinnerungen mit nach Hause nehmen werden. Solche Gesten erinnern mich an unsere eigenen Familienreisen, wenn wir selbst als Touristen in den Genuss von willkommenen Momenten der Aufmerksamkeit einheimischer Menschen kommen durften.

Es sind nur drei von vielen Achtsamkeitsmomenten, die ich im öV immer wieder in ähnlicher Form beobachten und erleben kann. Doch sie sind stellvertretend dafür, dass wir täglich viel Schönes und Gutes bewirken und empfinden können, wenn wir aufmerksam, also beobachtend und achtend sowie höflich und zuvorkommend unterwegs sind. Aufmerksamkeit ist für mich der Schlüssel zur Achtsamkeit.

Rita Angelone

Rita Angelone Bloggerin Kolumnistin

Rita Angelone

Rita Angelone ist Bloggerin bei «Die Angelones» und Kolumnistin, Mutter zweier Teenager im Alter von 15 und 17 Jahren und lebt in Zürich. Ihr Kolumnenband «Die Angelones - Pasta, Fussball und Amore» enthält ihre besten Kolumnen aus über 10 Jahren Familienleben und ist im Buchhandel erhältlich.

Fahrgast schaut aus Fenster

Fünf Achtsamkeitsübungen

Wer den Moment bewusst wahrnimmt, kann entspannter durch den Tag gehen. Die nachfolgenden Achtsamkeitsübungen können helfen, Stresssituationen zu vermeiden und gelassen zu reagieren.

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