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Wir kaufen uns einen Zug

Teil des Modernisierungsprogramms SZU_4.0 war auch die Beschaffung von fünf neuen Zügen für die Uetlibergbahn. Remo Schnetzer, Senior Projektleiter Rollmaterial, erklärt, wie man Züge kauft.

Remo Schnetzer arbeitet seit bald zwölf Jahren bei uns und ist dort der Mann für die Rollmaterial-Beschaffung. Ob einzelne Rangierloks oder mehrere Zugskompositionen: Beschaffen wir neue Schienenfahrzeuge oder bauen bestehende Fahrzeuge um, leitet und betreut Remo Schnetzer das Projekt. So war es auch bei der Beschaffung der fünf Zugskompositionen der Be 570 für die Uetlibergbahn, welche die Vorgänger-Züge Be 510 ergänzten und die legendären orangen Be 520 ablösten. Die letzte der fünf Kompositionen konnte im vergangenen Sommer in Betrieb genommen werden.

Aber wie geht es genau vor sich, wenn man einen Zug kaufen will? Remo Schnetzer schmunzelt: «Im Grunde ist es ähnlich wie wenn man ein Auto kauft und gleichzeitig ist es doch ganz anders. Vor allem sehr viel aufwändiger». Während früher praktisch jeder Zug von Grund auf neu entwickelt wurde, haben heute zwar praktisch alle namhaften Hersteller Basismodelle im Sortiment, wie zum Beispiel Stadler Rail mit dem Flirt oder Siemens mit dem Mireo. Der Kunde kann dieses Basismodell dann nach seinen Wünschen und Anforderungen individualisieren. Soweit kennt man das auch vom Autokauf.

Kann ein Hersteller die Ansprüche eines Bestellers mit seinen Basismodellen nicht erfüllen, wird ein Zug nach wie vor individuell entwickelt. So war es auch bei den Zügen für die Strecke vom Hauptbahnhof Zürich auf den Uetliberg mit ihren engen Kurven und steilen Streckenabschnitten. Dafür waren Spezialanfertigungen notwendig, die eigens für die anspruchsvolle Strecke entwickelt werden mussten. Das Resultat dieser «Spezialzüge» sind die Be 510, die seit 2014 im Einsatz stehen. «Die Be 570, die wir seit dem Sommer im Einsatz haben, sind eine Weiterentwicklung der Be 510. Daher gestaltete sich die Beschaffung der Züge verhältnismässig einfach» resümiert Remo Schnetzer. Im Grund mussten lediglich einzelne Komponenten der neuen Züge an die Vorschriften angepasst werden, die sich seit der Entwicklung der Be 510 geändert hatten.

Nachdem der Besteller die Anforderungen an seinen neuen Zug definiert hat und der Auftrag ausgeschrieben und vergeben worden ist, startet die eigentliche Produktion des Zuges, wie Remo Schnetzer erklärt: «In unzähligen Arbeitsschritten nimmt die Zugskomposition immer mehr Gestalt an. Es werden Wagenkasten zusammengeschweisst und lackiert, Fussböden verlegt, Drehgestelle montiert und unzählige Kilometer Kabel verlegt und angeschlossen.»

Nach der Montage des Zuges erfolgt die sogenannte Inbetriebnahme, bei der sämtliche Komponenten auf ihre Funktionsfähigkeit geprüft und in Betrieb genommen werden. Verlaufen diese Tests ohne Auffälligkeiten und funktionieren sämtliche sicherheitsrelevanten Systeme einwandfrei, darf der Zug erste Testfahrten auf der Bahnstrecke absolvieren. Erteilt wird diese Bewilligung durch das Bundesamt für Verkehr (BAV). Die Entwicklung und die Inbetriebnahme eines Zuges wird jeweils sehr eng vom BAV begleitet, wie Remo Schnetzer erklärt: «Der Eisenbahnverkehr ist gerade in sicherheitstechnischen Aspekten stark reglementiert und macht nicht zuletzt dadurch die Eisenbahn zu einem der sichersten Verkehrsmittel überhaupt.»

Erfolgen die ersten Testfahrten erfolgreich, wird das Fahrzeug auf der eigentlichen Einsatzstrecke getestet und erhält schliesslich eine befristete Betriebsbewilligung für den «Probebetrieb mit Fahrgästen». Diese dauert in der Regel ein Jahr. Falls während dieser Zeit keine sicherheitsrelevanten Störungen auftreten, wird diese befristete Betriebsbewilligung in eine ordentliche Betriebsbewilligung überführt.

Während des gesamten Prozesses von der Inbetriebnahme bis zum Erhalt der Betriebsbewilligung können selbst bei einer reibungslosen Entwicklung und Produktion immer wieder kleine, individuelle Störungen bei einem Fahrzeug auftreten. Aus diesem Grund vereinbaren Besteller und Lieferant in der Regel für jedes Fahrzeug eine sogenannte Probezeit auf die eine dreijährige Garantiefrist folgt, womit sich der Kreis zum Autokauf wieder schliesst. Während dieser Zeit kann der Lieferant Kinderkrankheiten an den Fahrzeugen beheben. Der Ablauf der Garantiefrist markiert normalerweise auch das Ende des Beschaffungsprojektes. Gemäss Remo Schnetzer dauert damit ein Projekt zur Beschaffung von Triebzügen vom Beschaffungs-Beschluss bis zum Ablauf der Garantiezeit gut und gerne acht bis zehn Jahre.

Während die Garantiezeit für Be 570 noch läuft, ist Remo Schnetzer bereits weiter auf «Einkaufstour». Um die künftig erwarteten Passagierzahlen bewältigen zu können, werden wir in den nächsten Jahren auch das Rollmaterial auf der Sihltalbahn modernisieren und damit einen weiteren Beitrag dazu leisten, dass unsere Fahrgäste pünktlicher, bequemer und schneller ans Ziel kommen.

Remo Schnetzer, Senior Projektleiter Rollmaterial bei der SZU

Portrait Remo Schnetzer

Remo Schnetzer

Remo Schnetzer ist Senior Projektleiter Rollmaterial bei der SZU.