Zurück

Interview mit Marcel Geser

Marcel Geser ist Leiter Markt und Geschäftsleitungsmitglied. Im Interview erläutert er, weshalb sich die SZU modernisieren muss und was dabei seine Rolle als Programmverantwortlicher SZU_4.0 ist.

Was ist SZU_4.0?

Vor Corona haben wir in unserem Marktgebiet mit Bahn, Bus und Luftseilbahn jährlich rund 25 Millionen Fahrgäste transportiert. Wir gehen davon aus, dass diese Zahl bis in rund zehn Jahren auf jährlich 31 Millionen Fahrgäste steigen wird. Um diese Nachfrage bewältigen zu können, sind umfangreiche Investitionen in sämtlichen Unternehmensbereichen notwendig. Insgesamt sprechen wir von rund 17 Hauptprojekten mit einem Gesamtvolumen von über 800 Millionen Franken. Jedes dieser Vorhaben trägt dazu bei, unsere Fahrgäste pünktlicher, bequemer und schneller ans Ziel zu bringen.

Weshalb werden die Projekte in einem Programm zusammengefasst?

Wir sprechen von 17 Hauptprojekten, die in rund zehn Jahren umgesetzt werden müssen. Das heisst, wir werden in relativ kurzer Zeit sehr viel Arbeit auf engem Raum realisieren. Gleichzeitig hängen die einzelnen Projekte teilweise stark voneinander ab. Wenn wir beispielsweise die Stromversorgung der Linie S10 umstellen, muss sichergestellt sein, dass am Tag der Wiederinbetriebnahme auch das entsprechende Rollmaterial einsatzbereit ist. Nicht zuletzt müssen wir natürlich unsere Kundschaft während der gesamten Zeit möglichst wie gewohnt und mit einem stabilen Angebot von A nach B transportieren. Unter diesen Voraussetzungen ist eine Koordination in einem übergreifenden Programm unumgänglich.

Könnte man die einzelnen Projekte nicht einfach zeitlich breiter verteilen?

Das ist aus verschiedenen Gründen keine Option. Einerseits steigt die Nachfrage so stark, dass wir unsere Transportkapazitäten möglichst rasch steigern müssen. Andererseits stehen in den nächsten Jahren Erneuerungsarbeiten an der bereits bestehenden Infrastruktur an, die sich nicht hinauszögern lassen. Der Sihltunnel beispielsweise wurde vor über 30 Jahren in Betrieb genommen und muss nun einfach saniert werden. Nicht selten geben hier auch Vorgaben des Bundesamts für Verkehr den Takt an. Zudem sind wir gemäss dem Behindertengleichstellungsgesetz dazu verpflichtet, bis Ende 2023 all unsere Bahnhöfe und Haltestellen barrierefrei zu gestalten. Auch hier haben wir also keinen zeitlichen Spielraum.

Was sind deine Aufgaben als Verantwortlicher für das Programm SZU_4.0?

Zusammen mit einer bereichsübergreifenden Arbeitsgruppe koordinieren und planen wir die verschiedenen Projekte. Unser Planungshorizont liegt dabei mindestens zwei Jahre und länger vor der effektiven Umsetzung. Als Ausgangslage haben wir dabei einen konkreten Auftrag, für den ein bestimmtes Budget zur Verfügung steht. Nun geht es darum, mit diesen Vorgaben verschiedene Umsetzungsabfolgen zu prüfen. Dabei müssen wir verschiedene Faktoren berücksichtigen, wie Auswirkungen auf den Betrieb, auf die Kundschaft, auf die Anwohnenden oder auf andere Baustellen und Projekte, die gleichzeitig stattfinden. Basierend auf dieser Prüfung definieren wir den optimalsten Ablauf über die nächsten Jahre und die dafür benötigten Ressourcen.

Das tönt nach verschiedenen Spannungsfeldern. In welchen Bereichen ergeben sich die grössten Interessenkonflikte?

Bis in rund zehn Jahren profitiert unsere Kundschaft von einer topmodernen S-Bahn. Bis es soweit ist, werden wir mit zahlreichen komplexen Baustellen mitten im besiedelten Raum konfrontiert sein. Bauen auf engstem Raum ist immer herausfordernd, beispielsweise weil keine grosse Installationsplätze verfügbar sind oder, wie im Hauptbahnhof, eine eigentliche Zufahrt  gar nicht erst vorhanden ist. Oder weil von Lärmemissionen in der Regel mehr Meschen betroffen sind als in einer ländlichen Gegend. Gleichzeitig wollen wir aber auch die Auswirkungen auf unser Fahrplanangebot und damit auf unsere Fahrgäste so gering wie möglich halten. Es gibt also bereits bei einzelnen Baustellen eine ganze Reihe an Interessenkonflikten. Und wenn jetzt, so wie das bei uns in den nächsten Jahren der Fall sein wird, auf mehreren Baustellen gleichzeitig gebaut wird, gestaltet sich natürlich sowohl die Planung als auch die Umsetzung entsprechend komplizierter. Umso wichtiger ist es darum, das eigentliche Ziel all dieser Anstrengungen nie aus den Augen zu verlieren: Wir wollen unseren Fahrgästen ein stabiles und verlässliches Transportangebot bieten und damit einen Beitrag zur Attraktivität des Wohn- und Wirtschaftsraumes in unserer Region leisten. Um diesen Ansprüchen auch künftig gerecht zu werden, müssen Projekte realisiert werden, bei denen sich während einer begrenzten Zeitdauer Lärmemissionen oder Einflüsse auf Fahrpläne leider nicht gänzlich vermeiden lassen.

Zum Schluss, Hand aufs Herz: Wie viele verzweifelte Momente hattest du angesichts dieser enorm komplexen Aufgaben bereits?

Die Umsetzung von SZU_4.0 ist in der Tat komplex. Verzweifelt bin ich daran glücklicherweise noch nie. Im Gegenteil: Für mich ist es ein Privileg, ein Teil dieses Programms zu sein. Es ist ein Meilenstein in der Geschichte der SZU. Und es ist toll zu erleben, wie nicht nur meine Arbeitsgruppe, sondern alle Mitarbeitenden jeden Tag ihren Teil dazu beitragen, um dieses anspruchsvolle Programm erfolgreich umzusetzen.

Portrait Marcel Geser

Marcel Geser

Marcel Geser ist Leiter Markt und Geschäftsleitungsmitglied bei der SZU. Er leitet das Programm SZU_4.0.