Andrew, woher kommen dir die Ideen für deine Geschichten?

Oh, ich verrate doch mein Berufsgeheimnis nicht! Im Ernst: Ich weiss es auch nicht so recht, es ist eher so, dass die Ideen mich finden. Und dann schwirren sie einfach durch meinen Kopf und manchmal wäre ich echt froh, sie würden Ruhe geben.

Was ist deine Lieblingsgeschichte aus deiner Kindheit, und warum?

Das wechselt immer wieder, da es ganz viele waren. Aber ganz weit oben auf der Liste sind die Narnia-Bücher von CS-Lewis. Ich konnte wirklich in diese üppige Welt eintauchen, die so fantasievoll und anders war und doch so ähnlich wie unsere. Die Geschichten bieten verschiedene Identifikationsfiguren, sozusagen für jede:n etwas.

Du hast einmal gesagt, bei Kinderliedern sei das Geheimnis eine Sprachmelodie. Gibt es bei Geschichten ebenfalls ein Geheimnis?

Dazu gibt es ganze wissenschaftliche Abhandlungen, die mich aber jeweils etwas überfordern. Eine gute Geschichte hat auf jeden Fall Elemente drin, die sich bei mir als Hörerin oder Leser andocken, mit denen ich mich identifizieren kann. Sie hat eine Dramaturgie wie ein Musikwerk. Da wird also nicht einfach geplätschert, sondern es werden Spannungsbögen erzeugt, Momente fürs Schmunzeln, Seufzen, Zittern und sich Freuen geschaffen. Ich persönlich finde, eine gute Geschichte darf auch «e chli schräg» sein.

Wie unterscheidet sich das Liederschreiben vom Geschichtenschreiben?

Lieder sind viel dichter, das Auf-den-Punkt-Bringen zielt auf einen viel kleineren Punkt. Dafür kann man fantasievoller mit Worten und Wendungen umgehen. Eigentlich sind Lieder eine Art eingekochte Geschichten.

Wie bist du auf die Idee gekommen mit Bo, dem Eichhörnchen?

Ich glaube, es war eine der Vorgaben, ein Waldtier als Held der Geschichte zu wählen. Einfach ein 08-15 Eichhörnchen wollte ich dann aber doch nicht nehmen. Solche Geschichten wurden schon genug veröffentlicht. Bo ist deshalb ein ganz besonderes Hörnchen, ein Genusshörnchen. Daneben gibt es Lauthörnchen und Spielhörnchen und Streithörnchen und viele mehr, und schon tut sich eine riesige Vielfalt von Geschichten und Interaktionen auf.

Wie wichtig sind Freunde und Freundschaften in Geschichten?

Das ist ein ganz, ganz zentrales Element - nicht nur der Kinderliteratur. Eine Geschichte, in der es nicht um Beziehungen geht, ist schon eine Seltenheit. Geschichten sind immer eine Art Musterkatalog oder Übungsfeld für eigene Lebensmomente, das gilt auch für Freundschaften.

Wie kann man Kindern nahelegen, sorgfältig mit Menschen und Umwelt umzugehen?

Am besten mit Vorleben. Ich habe mal den Satz gelesen: «Kinder kann man nicht erziehen, sie machen einem ohnehin alles nach.» Aber natürlich können Geschichten, Lieder, Filme, Schulunterricht und Events auch dazu beitragen, vor allem, wenn sie eine positive Beziehung schaffen zu dem, was man sorgsam behandeln will. Denn man schützt und hegt nur das, was man gerne mag.

Welche Botschaften eignen sich für Geschichten, welche weniger?

Ich behaupte, alle Themen und Inhalte und Aussagen kann und soll man in Geschichten oder auch in Liedern einflechten. Die Frage ist einfach, wie genau? Kinder sind schon ganze Menschen, einfach junge. Sie kriegen die ganze Palette der Lebenserfahrungen mit. Was die Botschaften angeht, sind meiner Meinung nach ideologische, ausschliessende oder belehrende fehl am Platz.

Bei welchen Arbeiten bist du besonders sorgfältig?

Ich versuche es im Umgang mit meinen Mitmenschen, privat und beruflich. Im Garten oder in der Küche zum Beispiel bin ich eher schusselig und ein bisschen freestyle, aber beim Zeichnen bin ich dann sehr auf Punkt und Strich bedacht.

Welche Geschichte würdest du gerne noch schreiben, hattest aber noch keine Zeit dazu?

Wie viel Platz habe ich für die Antwort? Es sind wirklich ganz, ganz viele. Aber immer, wenn ich in eine Buchhandlung gehe oder die Listen der Neuerscheinungen anschaue, denke ich, es gibt viel zu viele Bücher auf der Welt. Und niemand wartet noch auf meine Stories. Und dann schwirren die kreativen Ideen wieder durch meinen Kopf.