Felseneggbahn
Die Felseneggbahn führt von Adliswil auf die Felsenegg und ist die einzige öffentliche Luftseilbahn im Kanton Zürich.
FelseneggbahnJedes Jahr findet während der Revision der Felseneggbahn eine Bergungsübung statt. Wir waren mit dabei und haben erlebt, wie sich das Bergungsteam auf den Ernstfall vorbereitet.
Es ist morgens um 7 Uhr. Dunkle Regenwolken hängen am Himmel und lassen dicke Tropfen auf den Boden fallen. Nicht gerade Idealbedingungen, um sich von einer Seilbahn abseilen zu lassen. «Trotz Regen habe ich mich gefreut», sagt Sabrina, die zum vierten Mal dabei ist bei der Bergungsübung. Zusammen mit 20 anderen Personen trifft sie sich an diesem Donnerstag bei der Felseneggbahn in Adliswil zur jährlichen Rettungsübung. Das Team besteht aus allen Mitarbeitenden der Felseneggbahn sowie aus freiwilligen Mitarbeitenden der SZU, die sich zur Verfügung stellen, um im Notfall Menschen aus der Kabine zu bergen.
Am Vormittag üben sie den korrekten Umgang mit dem Seilfahrgerät und dem Abseilgerät, die für die Rettung unerlässlich sind. Nach dem Mittag gilt es ernst: Die eigentliche Rettungsübung beginnt. Andreas Hosennen, Leiter Felseneggbahn, ist Einsatzleiter und teilt das Team auf in eine Bodenmannschaft, einen Seilfahrer und Hilfsperson, eine:n Maschinist:in, die im Kommandoraum an der Talstation die Bahn bedient. Die übrigen Teilnehmer werden sich aus der Kabine retten lassen. Dann heisst es Material verteilen, Helme fassen, noch kurz aufs WC gehen und «Auf in den Kampf», wie Michael sagt.
Die Bodenmannschaft begibt sich mit ihrem Materialsack zum Treffpunkt an einer für die Übung gut zugänglichen Stelle. Das Trassee wird während des ganzen Jahres immer wieder ausgeholzt, damit bei einer Rettung im Notfall keine Bäume im Weg sind. Ausgestattet mit dem Seilfahrgerät und dem Auffanggurt machen sich Cristiano und Patrick auf, um durch den Wald zur Stütze zu gelangen. Dort klettern sie, stets gesichert, innert kurzer Zeit die 44 Meter hohe Stütze hoch. Oben angekommen, befestigt sich Cristiano mit dem Seilfahrgerät am Drahtseil. Er ist geübt: Bereits 2018 für seine Lehrabschlussprüfung zum Seilbahner EBA musste er sich abseilen. Per Funk meldet er: «Ich bin ready und fahre runter zum Kabinendach». Dann seilt er hinunter bis zur Kabine – in Höhen von bis zu 60m über dem Boden. Ist er bei der Kabine, lässt er sich hinunter aufs Kabinendach. «Ich bin jetzt auf dem Kabinendach und gehe rein», «verstanden, du bist auf dem Kabinendach und gehst rein» ertönt es aus dem Funkgerät. Er öffnet die Dachluke und lässt die Leiter hinunter, um in die Kabine hineinzuklettern.
Im Notfall hat das Rettungsteam gemäss Bergungskonzept der Felseneggbahn gut drei Stunden Zeit, um sämtliche Personen aus der Kabine zu evakuieren. Die Bergungszeit beginnt mit dem Stillstand der Bahn und endet, wenn die Reisenden den Boden erreicht haben. Bei einem Stillstand muss als erstes die Ursache dafür geklärt sein. Wenn die Störung nicht sofort behoben werden kann, die Anlage weder mit dem Notantrieb, noch den Überbrückungen fahren lässt, wird die Bergung ausgelöst.
In der Kabine informiert Cristiano die Anwesenden und erklärt, was als nächstes gemacht wird und bereitet alles vor zum Abseilen. Im Notfall ist der Faktor Mensch das grösste Risiko, darum muss man Fahrgäste gut informieren, wenn nötig auch in Fremdsprachen kommunizieren. Ist alles vorbereitet, öffnet er die Bodenluke. Im Kabinenboden ist ein gelbes Hilfeseil deponiert, dass er nun hinunter gleiten lässt zur Bodenmannschaft. Diese hängt das Abseilgerät sowie das Bergungsdreieck ans Seil das wieder hochgezogen wird.
In der Kabine wird das Abseilgerät an einer Halterung an der Decke der Kabine befestigt. Anschliessend zieht die erste Person das Bergungsdreieck an, das mit Karabinern verschlossen und am Abseilgerät angehängt wird. Mit einer Geschwindigkeit von maximal 0,8 Meter pro Sekunde schwebt die gerettete Person durch die Luke zum Boden hinab. Um die Personen so rasch als möglich abzuseilen, wird unten bereits das zweite Bergungsdreieck an das Seil gehängt. Während die erste Person abgeseilt wird, gelangt so das zweite Bergungsdreieck zur Kabine, wo die nächste Person fürs Abseilen vorbereitet wird. Am Boden nimmt die Bodenmannschaft die erste Person behutsam in Empfang, um eine sanfte Landung sicherzustellen.
Ab dem Moment, ab dem die erste Person unten angekommen ist, geht es schnell. Etwa alle drei Minuten erreicht eine weitere Person wieder festen Boden unter den Füssen. Im Notfall wären natürlich andere Blaulichtorganisationen wie die Rega oder Feuerwehr vor Ort, die Wärmedecken, Wolldecken und Wasser für die Geretteten bereithalten. «Mir hat es Spass gemacht, es war ein richtiges Zipline-Feeling. Andere zahlen dafür, ich werde dafür bezahlt.» sagt Aushilfsmitarbeiterin Sophie nach ihrer Landung mit einem grossen Lächeln im Gesicht.
Mit von der Partie ist heute auch ein Freiwilliger, Patrick. Er ist ein ehemaliger Mitarbeitender der Firma Remec, die für die Felseneggbahn verschiedene Dienstleistungen liefern. Er wohnt in Stallikon und hat sich bei der Felseneggbahn als Freiwilliger für das Rettungsteam gemeldet, obwohl er mittlerweile nicht mehr beim Lieferanten arbeitet. «Ich bin gelernter Seilbahnfachmann, war lange in der Seilbahnbranche und kann hier mein Fachwissen einbringen. Es freut mich, wenn ich im Notfall helfen kann. Und ich weiss aus eigener Erfahrung, dass man in der Not froh ist um jede Hilfe.» Grundsätzlich kann jeder, der Interesse hat und im Einzugsgebiet wohnt, sich als Freiwilliger melden.
Gemäss Bundesamt für Verkehr (BAV) ist jede Bergbahn verpflichtet, pro Jahr mindestens eine Bergungsübung durchzuführen. In der Ausgestaltung sind die Bahnen frei, es kann auch ein Notfallhelferkurs sein oder eine Übung mit Blaulichtorganisationen. Andreas, der Leiter der Felseneggbahn, sagt, dass der Umgang mit Seilfahrgerät und Abseilgerät sowie das Abseilen der Fahrgäste regelmässig geübt werden muss, damit im Notfall jeder Handgriff sitzt. Darum ist es ihm wichtig, jedes Jahr eine Rettungsübung durchzuführen. Insbesondere die Freiwilligen arbeiten schliesslich nicht jeden Tag an der Seilbahn.
Nach der Übung findet eine Schlussbesprechung statt, an der der Einsatz reflektiert, offene Fragen geklärt und die Kursdokumentation ausgefüllt wird. «Ich habe mich zu jeder Zeit in sicheren Händen gefühlt. Das spricht für das Team, das den Einsatz ruhig und konzentriert durchgeführt hat.» So lautet das Fazit von Reinhard, Sicherheitsbeauftragter der SZU. Auch der Einsatzleiter Andreas ist sichtlich zufrieden mit der Übung «Wir konnten die Übung gemäss Vorgaben durchführen. Am Morgen war ich etwas angespannt, weil das Wetter nicht gerade ideal war. Doch grundsätzlich ist mir jedes Wetter recht. Im Notfall können wir das Wetter ja auch nicht auswählen.»
Zuletzt wird das Material getrocknet, sauber ausgelegt und in der korrekten Reihenfolge wieder verstaut – bereit für den Ernstfall.
Die Felseneggbahn führt von Adliswil auf die Felsenegg und ist die einzige öffentliche Luftseilbahn im Kanton Zürich.
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